Zentrum für Kulturstudien Brasil-Europa. Akademie Brasil-Europa für Kultur- und Wissenschaftswissenschaft

Akademie Brasil-Europa

für Kultur- und Wissenschaftswissenschaft

 


Studienzentrum Brasil-Europa

Zentrum Brasil-Europa
Die Dieringhauser Villa wurde 1913 von dem renommierten Architekten Henrich Kiefer für die Fabrikantenfamilie Wollenweber errichtet. Henrich Kiefer prägte mit Bauten das Stadtbild von Gummersbach zu einer Zeit wirtschaftlichen und kulturellen Aufschwungs in den Jahren vor dem ersten Weltkrieg. Herausragende Beispiele seiner Architektur sind repräsentative Villen wie das Haus Waldfried (1912 für Carl Hugo Steinmüller), das Hallenbad, die Villa Otto Gehres in Bochum (heute Sitz der Gesellschaft Harmonie) und das Bürogebäude der Firma Basalt AG in Lindlar. Nach dem ersten Weltkrieg schuf der Gummersbacher Architekt mit der genossenschaftlichen Siedlung Körnerstraße nach dem Konzept der Gartenstadt-Architektur ein beachtliches Projekt des sozialen Wohnens.

Seine Architektur offenbart die Suche nach einem der regionalen Kulturtradition und der Landschaft angemessenen Stil, der sich in der Verwendung von Materialien wie Schiefer und Grauwacke sowie der Anlehnung an eine Formensprache barocker Bauten zeigt, die sich vor allem in geschwungenen Dächern und abgerundeten Übergängen von den Innenwänden zu den Decken manifestiert.

Gummersbach Dieringhausen
Anders als bestimmte Richtungen des Historismus des 19. Jahrhunderts zeichnet sich seine Architektur nicht durch Schwere und ornamentale Überladung aus, sondern durch die Leichtigkeit lichtdurchfluteter Räumlichkeiten und zurückhaltende, sich auf Details beschränkende, den Jugendstil verratende Verzierungen an inneren Holzkonstruktionen wie Türen und vor allem Treppenhäusern sowie durch die kunstvollen Zeichnungen des Schieferdaches. Hohe bautechnische und handwerkliche Qualität paart sich in dieser Architektur mit Vorzüglichkeit innerer Raumgestaltung, die von einem sorgfältig durchdachten Projekt und großer Erfahrung von Wohnqualitäten zeugen.
Studienzentrum der Akademie Brasil-Europa
Diese Architektur, die nicht Tendenzen der Moderne folgte, sollte eher von ihrem kulturellen Konzept aus verstanden werden. Sie zeugt von einer hohen Sensibilität für eine mit der kulturellen und natürlichen Umwelt harmonierenden Baukunst, die prinzipiell von der Landschaftsarchitektur geleitet ist. Trotz der Industrialisierung der Region, die Quelle ihrer ökonomischen und kulturellen Blüte war, signalisierten diese Bauten den Wunsch, eine von Ehedem waldreiche, bergige Welt in eine parkähnliche Landschaft umzugestalten, die mit sorgfältig rustikal gehauenen Mauern und Brücken aus Grauwacke arkadisch anmutet.

Bezeichnerweise wurde die Villa in Dieringhausen erstellt wenige Jahre nach dem Bau einer 1908 errichteten künstlichen Ruine aus Grauwackebruchstein auf der Anhöhe Meerhardt, die ein Panorama über das Aggertal und die es umrahmenden Hügel bietet. Diese mittelalterlich anmutende Ruine fügte sich in die parkähnliche Gestaltung der Umgebung ein, die die Tradition der englischen Landschaftsarchitektur erkennen lässt. Es geht hier jedoch nicht um die Ausgestaltung eines Gartens, sondern um die Sinnprägung einer Region, um einen Brückenschlag zwischen dem fernen Mittelalter und dem Zweiten Deutschen Kaiserreich, um die Einbettung von Industrie und Technik in Natur und Geschichte. In diesem zugleich der industriellen Moderne als auch der Kultur und der natürlichen Umwelt zugewandten, noch romantisch geprägten Sinne dürfte das Anliegen des Baues eines "deutschen Hauses" zu verstehen sein, das die Architektur von Heinrich Kiefer erkennen lässt.

Studienzentrum der Akademie Brasil-Europa
Die ehemalige Villa Wollenweber erscheint heute als ein Zeugnis wilhelminischer Zeit, die in Gummersbach viele Spuren hinterlassen hat. Dennoch gewinnt ihre Architektur insofern besondere Aktualität, da sie die Aufmerksamkeit auf die nötige Sensibilität und Reflektiertheit beim Verhältnis zwischen technischer Entwicklung und Umwelt richtet und die Notwendigkeit einer kulturgeleiteten Sicht der Baukunst ins Bewusstsein ruft.

Der Ort der Dieringhauser Villa war einer der wichtigsten Verkehrsknotenpunkte des Eisenbahnnetzes im Oberbergischen. Trotz Fabriken und landwirtschaftlichen Flächen bot die Region Raum für Villen mit weitläufigen Gärten. Nicht die Trennung von Funktionen oder Bauten für die unterschiedlichen Gesellschaftskreise, sondern eher die Nähe und die Interaktion von Arbeitsleben und dem Kontemplativen der parkähnlichen Landschaft zeugten von Gleichgewicht. Auch das Grundstück der Villa an der Dieringhauser Straße umfasste damals das Doppelte der heutigen Fläche. Es grenzte an die Eisenbahntrasse und blickte auf die bewaldeten Hänge des Forstes.

Bis in die dreißiger Jahre blieb das Haus im Besitz der Erbauer. Über seine späteren Eigentümer und Bewohner gibt es nur fragmentarische Daten. Im Jahre 2006 wurde die unterbrochene Kontinuität wiederhergestellt. Seitdem befindet sich in ihren Räumen das Studienzentrum der Akademie Brasil-Europa und des ISMPS e.V. Salon, Kaminzimmer, Herrenzimmer und andere Räume wurden in Sitzungs- und Vortragsräume sowie Büros umgewandelt.





Sitemap


Die Akademie

Zielsetzung und Geschichte   -   Organisation   -   Studienzentrum   -   Archive

Aktivitäten

Forschungsprogramme   -    Themen   -   Berichte   -   Chroniken

Online-Zeitschrift

Revista Brasil-Europa

Institutionelle Bindungen

Brasil-Europa   -   I.S.M.P.S. e.V.

Allgemeines

Kontakt   -   Impressum