Rural/Tribal-"Caipiras" und indigene Identität. Tagungen der Akademie Brasil-Europa für Kultur-und Wissenschaftswissenschaft
Rural/Tribal-"Caipiras" und indigene Identität. Tagungen der Akademie Brasil-Europa für Kultur-und Wissenschaftswissenschaft
Akademie Brasil-Europa
für Kultur- und Wissenschaftswissenschaft
Organisation für Studien von Kulturprozessen
in internationalen Beziehungen
Institut für Studien der Musikkultur des portugiesischen Sprachraumes - ISMPS e.V.
Vorsitzender:
Prof. Dr. Antonio Alexandre Bispo
Berichte
Auswahl aus Tagungen, Kolloquien und Sitzungen
Forum São Paulo "Interior": Rural/Tribal - Kulturbewusstsein der "Caipiras" und indigene Identität (2002)
Bei dem Forum 2002 ging es vornehmlich darum, auf der Grundlage vorausgegangener Diskussionen zu Beginn des 21. Jahrhunderts Interaktionen der in den ruralen Regionen noch heute besonders sinnfälligen symbolischen Organisationsprinzipien in Darstellungsweisen der Kultur, die der Identifikation von Gruppen dienen, mit solchen tribaler Gesellschaften zu analysieren. Aus diesem Grund wurden die Tage von zwei großen Fragenkomplexen beherrscht.
Als Austragungsort wurde eine Region ausgewählt, in der seit Jahren Bemühungen zur Aufwertung einer als provinziell deklassierten Kultur unternommen werden.
In den Vorträgen wurde zunächst die Bedeutung von Fragen der Ethik bei der Behandlung des thematisierten Problemfeldes hervorgehoben. Im Hinblick auf die Bezeichnung der Aktion 2002 wurde auf die Analogie von Guarani-Vorstellungen über eine Sintflut mit der entsprechenden biblischen Überlieferung hingewiesen. Die Bildersprache einer Zerstörung von Menschen und der Erde durch die Sintflut in verschiedenen Kontexten wurde erläutert und ihre sozial-ethische, kulturwissenschaftliche und ökologische Dimension hervorgehoben.
Nachdem die anwesenden Vertreter der Stämme Krahô und Xerente begrüßt worden waren, wurde das Wort Herrn R. Bäcker erteilt, der erneut das beim Kolloquium 2000 in Köln gehaltene Referat über die Cultura Sertaneja und Perspektiven der Moda de Viola vortrug. Es folgte ein Empfang mit anschließenden Vorträgen renommierter Viola-Spieler der Region. Die Musikvorträge wurden mit Kommentaren von Herrn Walter Cassalho, einem Experten regionaler Kulturforschung mit Caipira-Identität, begleitet. Die Sitzung wurde mit der Vorführung von traditionellen Catira-Tänzen mehrerer Gruppen der Region abgeschlossen. Dabei wurde die Frage nach der Wiederbelebung dieser Darstellungsweisen der Caipira-Kultur besprochen.
Die Themen der folgenden Sitzungen, die im Rathaus der Stadt Joanópolis abgehalten wurden, bezogen sich auf Fragen sowohl der ruralen als auch der indigenen Musikkultur. Deutsche Teilnehmer des Kongresses gaben einen Überblick über die beim Kolloquium der A.B.E. in Köln zum Thema "Europa und das Klanguniversum der Indianer" behandelten Fragen. Es wurden Probleme der fremden Wahrnehmung indigener Musikkulturen in Reiseberichten am Beispiel der Makuxi und der Krahô aufgezeigt. Nach einem Grußwort des Vertreters des Krahô-Stammes kommentierte dieser die über seine Kultur dargestellten Arbeiten von E. Wusstmann sowie vorgeführten Aufnahmen von H. Schultz.
Pe. Valber Dias, der seit Jahrzehnten bei den Krahô lebt und eine indigene Kulturidentität angenommen hat, übersetzte die auf Krahô vorgetragenen Kommentare und verwies auf begriffliche Probleme hinsichtlich der sogenannten Timbiras in der kulturanthropologischen Literatur. Nach der Ankunft von Kindern und Jugendlichen der Schulen der Region wurden diese von Frau Prof. Dr. Dr. Julieta de Andrade begrüßt und in den Dialog mit den Indianer-Vertretern einbezogen. Zum Schluss der Sitzung sprach der Musikwissenschaftler Dr. Marcelo Hazzan über die Probleme kirchenmusikalischer Konzeptionen im Sinne der Festigung der Beziehungen zu Rom zur Zeit des Historismus. Bei der Diskussion wurden die gravierenden kulturwissenschaftlichen Probleme hervorgehoben, die diese restaurativen Bestrebungen des Katholizismus Europas, die heute eine Regenerierung in fundamentalistischen Positionen erfahren, verursacht haben.
Der Bürgermeister der Stadt wies in einer offiziellen Festsitzung des Rates der Stadt Joanópolis auf die Bedeutung der ruralen Musik- und Kulturidentität in einem globalen Gebäude des Wissens hin. Der Vorsitzende der Musikkommission der Bischofskonferenz Brasiliens, Osmar Bezzutti, zeichnete ein Panorama der inkulturativen Konzeptionen und Bemühungen in Theologie und Liturgie um eine kulturell angemessene Vorgehensweise in der religiösen Praxis. Der Vorsitzende der Akademie Brasil-Europa behandelte die historischen Mechanismen des kulturidentifikatorischen Wandels am Beispiel der Doppelkodierung der Maraca und der Viola als symbolische Instrumente der indigenen und der ruralen Kulturen.
Es folgten Vorträge, die grundsätzlichen Fragenkomplexen der ruralen Volkskultur und der indigenen Welt gewidmet waren. Frau Prof. Dr. Dr. Julieta de Andrade behandelte Fragen der Geschichte und der Gegenwart der Trovadores sowie der Symbolik des Cururu-Tanzes am Beispiel der Region des mittleren Tietê. Herr Valber Dias erläuterte die duale Organisation des Raumes bei den Krahô-Gesellschaften und ihre Konsequenzen für eine Weltsicht, die vom Bestreben nach Harmonie der Gegensätze und des Friedens gekennzeichnet ist. Den Vorträgen folgten Musikvorführungen der anwesenden Krahô- und Xerente-Indianer. Schließlich traten Viola-Duos auf, die kulturgeschichtlich relevante Beispiele der Viola-Tradition sowie neue Kompositionen vortrugen.
Die abschließenden Sitzungen im Rathaus der Stadt Joanópolis beinhalteten die Darstellung eines vergleichenden Projekts über den Tanz der Carimbó im Staat Pará. Thematisiert wurden von Prof. Luiz Fernando de Andrade die transregionalen Grundstrukturen dieses Tanzes sowie seine Ausdifferenzierung in der Amazonas-Region, die offenbar auf den Einfluss von Umweltfaktoren zurückzuführen ist. Im Bereich der indigenen Kulturforschung wurde die während des Kolloquiums in Europa behandelte Frage nach Dokumentarfilmen als historische Quelle für Wissenschaft und Rekonstruktion indigener Geschichte und Identität den brasilianischen Interessenten erläutert. Dabei wurden historische ethnographische Filme aus verschiedenen Epochen der Filmgeschichte vorgeführt und kommentiert.
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