Kulturanalyse metropolitaner Prozesse und Querstudien. Tagungen der Akademie Brasil-Europa für Kultur-und Wissenschaftswissenschaft
Kulturanalyse metropolitaner Prozesse und Querstudien. Tagungen der Akademie Brasil-Europa für Kultur-und Wissenschaftswissenschaft
Akademie Brasil-Europa
für Kultur- und Wissenschaftswissenschaft
Organisation für Studien von Kulturprozessen
in internationalen Beziehungen
Institut für Studien der Musikkultur des portugiesischen Sprachraumes - ISMPS e.V.
Vorsitzender:
Prof. Dr. Antonio Alexandre Bispo
Berichte
Auswahl aus Tagungen, Kolloquien und Sitzungen
Kulturanalyse metropolitaner Prozesse und Querstudien. Resignifikation tradierter Kulturpraktiken als Strategie der Veränderung
Kulturwissenschaftliches Forum "Metropole von São Paulo" 2002
In São Paulo sollten Problemkreise metropolitaner Kulturentwicklungen und die damit verbundenen Projekte und Perspektiven thematisiert werden. Die Veranstaltung wurde vom Kultursekretariat des Staates, vom Kulturamt der Stadt sowie von Universitäten und verschiedenen Organisationen unterstützt.
Die Auseinandersetzung mit dem Begriff der Metropole - die mehr als eine Großstadt ist - und der als Prozess verstandenen Metropolisierung in der Fakultät für Architektur und Urbanistik der Universität São Paulo Ende der sechsziger Jahre, die nicht ohne die Berücksichtigung von Kulturfragen erfolgen konnte, wirkte sich auf die Entwicklung der kulturtheoretischen Diskussionen aus. Vielfach wurden Beziehungen zwischen Metropolisierung und Kulturtransformationen in den folgenden Jahren behandelt. In Europa wurden die in Brasilien begonnenen Studien zum Verhältnis zwischen Architektur, Stadtentwicklung und Kulturprozessen, insbesondere hinsichtlich von Musikfragen, in Seminaren der Universitäten Köln und Bonn behandelt.
Zwei Aspekte wurden hervorgehoben: die Ergebnisse für das Musikschaffen und die künstlerische Praxis von einer Ausrichtung der Aufmerksamkeit auf Prozesshaftes und die Bedeutungsänderungen zeichenhafter Ordnungen tradierter Kultur. Dabei wurden Projekte und Initiativen untersucht, die reflektiert mit der Resignifikation traditierter Kulturerscheinungen als Strategie von Veränderungen arbeiten.
Die Bewegung zur Erneuerung der Kulturstudien hat seine Ursprünge in der Diskussion der 60er Jahre über das Verhältnis zwischen historischer und empirischer Vorgehensweise in Theorie und Praxis. Sie lenkte im musikalischen Bereich die Aufmerksamkeit auf Probleme der Unterscheidung von Kultursphären der Kunst-, Volks- und Popularmusik, kritisierte eine Orientierung der Forschung und der Praxis nach Kategorisierungen des Untersuchungsobjekts und plädierte für eine Ausrichtung der Aufmerksamkeit auf Prozesse, die zwischen diesen angenommenen Kultursphären verlaufen. Nach dem Motto "Gegen das Schubladen-Denken" wurde auch ein allzu starres Verständnis epochaler Kategorisierungen in der Musikgeschichte kritisiert. Dies betraf vor allem die Auffassung der Barockmusik, die in unpräsizer Weise mit einer Kolonialmusik gleichgesetzt wurde. In einer 1969 durchgeführten Tagung wurde die Notwendigkeit hervorgehoben, in der Kulturforschung eher von Kolonialismus als Prozess, und nicht von einer Kolonialepoche in Entsprechung zu Periodisierungen der politischen Geschichte auszugehen.
Die Frage der Uminterpretierung bezieht sich nicht nur auf die Darbietung von Werken der Kunstmusik mit Mitteln und Ausdrucksweisen der Popularmusik oder die satztechnische und aufführungspraktische Elaborierung der Popularmusik nach Kriterien aus dem Kunstmusikbereich. Sie betrifft in umfassenderer Weise Fragen von Resignifikationen von Zeichenhaftem. Tänze, Spiele, Aufzüge und Instrumente traditioneller Kulturerscheinungen sind mit einem umfassenden Zeichensystem verbunden, das mit dem Welt- und Menschenbild zusammenhängt, ein Thema, das bei der A.B.E.-Tagung zur Symbolischen Anthropologie 1988 behandelt worden war. Sie wurden vom mittelalterlichen Spielrepertoire in Brasilien spontan im Verlaufe der Besiedlung und bewusst als Mittel der Kulturtransformation und der Assimilierung einer christlichen Identität von Missionaren eingesetzt und gefördert. In ihrer Bildersprache deuten sie grundsätzlich auf die Veränderung des Alten in Neues hin, was zutiefst christlichen Auffassungen entspricht. Dieses Spannungsfeld wurde - meist ohne explizite Offenbarung ihres religiösen Inhaltes - in spielerischer Form vermittelt und trug zur Kulturumformung derer bei, die an den Tänzen, Spielen und Aufzügen teilnahmen. Eingehendere Auseinandersetzungen mit diesen Kulturerscheinungen zeigten jedoch, dass sie in ihren Grundstrukturen und Beziehungen zum Naturjahr z.T. aus der nicht-christlichen Antike entstammten und eine Verchristlichung erfahren hatten. Dies erfolgte durch eine Resignifikation, bei der die in der Zeichensprache dargestellte Typologie auf das Alte Testament, die zeichenhaft hingedeutete Anti-Typologie auf das Neue Testament in Bezug gebracht wurde.
Die vielseitigen Konsequenzen dieses noch lebendigen Mechanismus in der Kultur wurden bei verschiedenen Tagungen der A.B.E. thematisiert. Sie verweisen auf Probleme, die u.a. hinsichtlich des Verhältnisses Kultur/Natur untersucht werden können und müssen. Wie in den beginnenden Jahrhunderten der christlichen Ära Kulturpraktiken uminterpretiert wurden, sind erneute Resignifikationen denkbar, da das Zeichensystem sich gerade dadurch auszeichnet, dass es die Möglichkeit dazu bietet. Es braucht sich nicht notwendigerweise um eine "Entchristlichung" durch Veränderung des impliziten biblischen Bezugs des Zeichensystems zu handeln. Es geht um die Gelegenheit, die das System bietet, um kulturwissenschaftlich begründete sensible Ausdifferenzierungen des Verständnisses des Gemeinten vorzunehmen und somit Wege zur Entwicklung sowohl einer transdiziplinären Kulturwissenschaft als auch der Theologie zu ebnen und somit zur Vermeidung von fundamentalistischen Tendenzen und zur Korrektur von Deutungen und Positionen beizutragen, die sich auf die Bibel berufen.
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