Präsenz von Brasilianern in Paris. Studienzyklus der Akademie Brasil-Europa für Kultur-und Wissenschaftswissenschaft

Akademie Brasil-Europa

für Kultur- und Wissenschaftswissenschaft

 


Themen
Auswahl von Fragenkomplexen, die in rezenten Studienprojekten der A.B.E. behandelt wurden

Frankreich/Brasilien. Präsenz von Brasilianern in Paris. Fragen von historischem Bewusstsein und Identität (2009)

Die Bedeutung Frankreichs für die Kulturgeschichte Brasiliens wurde bereits seit langem unter verschiedenen Aspekten hervorgehoben. Der Beitrag französischer Reisender, Forscher, Gelehrter und Künstler in der Geschichte der brasilianischen Studien und Universitäten ist in seiner Relevanz unumstritten und anerkannt. Französische Literatur, Kultur, Kunst und Musik wurden seit Jahrzehnten gepflegt und gefeiert, ihre Anregungen gern angenommen. Auch die besondere Bedeutung der Beziehungen Frankreich/Brasilien wurde seit vielen Jahrzehnten vielfach hervorgehoben, und Paris galt seit dem 19. Jahrhundert als die Kulturhauptstadt schlechthin.

Dennoch kam nach Besprechungen mit französischen Musikern bei einem internationalen Festival in Paraná 1969 und vor allem nach einem von der Alliance Française veranstalteten Festival französischer Musik 1970 die Frage auf, ob die Sichtweisen bei der Kulturbetrachtung der Beziehungen Frankreich/Brasilien nicht neu reflektiert werden sollten. Dieses Anliegen entsprach der Zielsetzung der 1968 in São Paulo gegründeten Organisation für Studien von Kulturprozessen, die eine Erneuerung der Kulturstudien durch die Ausrichtung der Aufmerksamkeiten auf Prozesshaftes anstrebte.

Für die A.B.E. ist die Untersuchung der Beziehungen Frankreich/Brasilien eine durch ihre Tradition gegebene Notwendigkeit. In ihr spielte nämlich in den zwanziger Jahren der Komponist Darius Milhaud eine grundlegende Rolle, der in Brasilien wichtige Anregungen empfangen hatte.

Durch Luis Heitor Correa de Azevedo, der als in Paris lebender brasilianischer Gelehrter wichtige Stellungen im Internationalen Musikrat/UNESCO über Jahrzehnte einnahm, wurde die A.B.E. auf die andere Seite des Verhältnisses Frankreich/Brasilien aufmerksam gemacht: die der Brasilianer und der brasilianischen Kultur in Frankreich. 1983 wurde eine deutsch-französische Woche in Leichlingen veranstaltet, die dieses Thema aufgriff und der ein Treffen zu kulturanthropologischen Fragen in Royaumont folgte.

Bei der Tagung zu Interkulturellen Studien, die 2004 veranstaltet wurde, wurde in Rio de Janeiro eine Darius Milhaud gewidmete Sitzung abgehalten, in der kulturwissenschaftlich orientierte Perspektiven bei der Erforschung des Verhältnisses Frankreich/Brasilien erörtet wurden. Bei dieser Diskussion wurde die besondere Bedeutung von Studien hervorgehoben, die sich Fragen der Identität von in Paris in großer Zahl lebenden Brasilianern und deren Nachkommen widmen.

Auf der Grundlage der in früheren Arbeiten entwickelten Ansätze zur Analyse von Prozessen der Integration und des Kulturwandels konnten Erkenntnisse erwartet werden, die zur Klärung der Rolle der Kultur und der Eigenarten des Kulturlebens von brasilianischen Gemeinschaften im Ausland am Beispiel und im Kontext von Paris beitragen.

Gleichzeitig wurde aber auch die Bedeutung solcher Studien für die Menschen selbst hervorgehoben, die am Prozess der Identitäts- und Kulturveränderung teilnehmen. Hierfür sei aber die Entwicklung eines historischen Bewusstseins erforderlich, das der besonderen Situation, in der sie sich befinden und die sich durch Ambivalenzen auszeichnet, angemessen ist.

Es geht hierbei nicht nur um das Bewusstsein der Orientierung an verschiedenen historischen Bezugssystemen, seien sie - wie bei der ersten Einwanderergeneration - luso-brasilianisch, seien sie - wie bei deren Nachkommen - durch das in den Schulen assimilierte Geschichtsbild französisch. Es handelt sich vor allem um die Entwicklung eines Bewusstseins für einen bereits langen geschichtlichen Prozess, der in der Vergangenheit durch die Präsenz von Brasilianern in Paris in Gang gegesetzt wurde. Entsprechend diesem Anliegen wurden herausragende Persönlichkeiten des brasilianischen Kulturlebens, die in Paris gelebt haben, nach dem historischen Kontext ihres Wirkens untersucht.


Veröffentlichte Texte

Brasilianer in Paris zur Zeit Louis-Philippe de Órleans (1830-1848):

Manuel de Araújo Porto-Alegre, Baron von Santo Ângelo (1806-1879), im Licht von Alexander von Humboldt (1769-1859). "Die Natur aus der geheimnisvollen Sicht des Herzens"

Domingos José Gonçalves de Magalhães, Vicomte von Araguaia (1811-1882), im Zeichen von Alphonse de Lamartine (1790-1869). Das "Manifest" der brasilianischen Romantik in Paris: Suspiros poéticos und Revista Brasiliense

Brasilianer in Paris zur Zeit Napoléons III. (1852-1870):

Henrique Alves de Mesquita (1830-1906) und das Milieu der Closerie des Lilas. Über Une nuit au chateau und/oder Noivado em Paquetá

Die Kaiserin Eugénie nach Clara Tschudi (1856-1945) und die "lateinische Rasse". Europäische und euro-lateinamerikanische Identitätsprobleme in den Beziehungen Frankreich/Mexiko/Brasilien

Die erste Messe in Amerika und die erste Messe in Brasilien. Pharamond Blanchard (1805-1873) und Victor Meirelles de Lima (1832-1903)

Brasilianer in Paris zur Zeit des Krieges von 1870/71:

Carlos S. Cavalier Darbilly (1846-1918). Von der musique musardienne und der Opéra comique zum Teatro de Revista

Brasilianer in Paris zu Beginn der Dritten Republik:

Carlos de Mesquita (1864-1953) im Zeichen der Ars gallica und der Concerts Populaires de Pasdeloup

Brasilianer in Paris in den 70er und 80er Jahre des 19. Jhs.:

F.-J. de Santa-Anna Nery (1848-1901), Baron de Hübner (1811-1892), Émile Levasseur (1828-1911), Roland de Bonaparte (1858-1924): Amazonas und brasilianische Folklore in ihren Beziehungen zu französischen Studien der politischen Ökonomie, Wirtschaftsgeographie und Ethnologie

José Ferraz de Almeida Júnior (1850-1899). Cultura caipira, Montmartre und Salon. Musik und Malerei

Brasilianer in Paris in den letzten Jahren des brasilianischen Kaiserreiches:

Francisco Magalhães do Valle (1869-1906) und César Franck (1822-1890). Von der Provinz in Minas auf der Suche nach Projektion und deutscher Gelehrsamkeit durch belgische Vermittlung

Brasilianer in Paris zur Zeit der Zentenarfeier der Französischen Revolution:

Elpídio de Brito Pereira (1872-1961). Kultur des brasilianischen Nordens und das Populäre in der Tanzwelt von Paris. Voraussetzungen des Erfolgs von Les Pommes du Voisin im Théatre de la Gaité

Brasilianer in Paris am Ende des 19. und zu Beginn des 20. Jhs.:

Sylvio Deolindo Fróes (1865-1948), André Dulaurens (1873-1932) und Georges Barrère (1876-1944). Spiritualität Bahias, Symbolismus und die Faszination für die deutsche Ästhetik in Frankreich

Brasilianer in Paris zur Belle Époque:

Magdalena Tagliaferro (1893-1986) und Reynaldo Hahn (1874-1947). Die geistreiche Interpretin und die Emotionen ihrer Zeit. Bild und Ideal der französischen Frau im Identitätswandel

Brasilianer in Paris in den Jahren nach dem I. Weltkrieg:

João de Souza Lima (1898-1982) und Alípio Dutra (1892-1964). Paulistanische Identität und Integration in die französische Kulturwelt im Zeichen der Euphorie

Brasilianer in Paris in den 30er Jahren und während des II. Weltkrieges:

"Tietê Borba" in der Gruppe des Musée de l'Homme und Paul Rivet (1876-1958). Annäherungen an Studien der kulturpolitischen Position von Brasilianern in Frankreich zwischen den beiden Weltkriegen

Brasilianer in Paris nach dem II. Weltkrieg:

Luís Heitor Corrêa de Azevedo (1905-1992), Paulo Carneiro (1901-1982) und die Neuorganisation der Internationalen Kooperation in kulturellen und wissenschaftlichen Bereichen





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