Archivistik, Bibliothekstudien und Kulturwissenschaft. Tagungen der Akademie Brasil-Europa für Kultur-und Wissenschaftswissenschaft

Akademie Brasil-Europa

für Kultur- und Wissenschaftswissenschaft

 


Berichte
Auswahl aus Tagungen, Kolloquien und Sitzungen


Gedächtnis und Zukunft: Archivistik, Bibliotheksstudien und Kulturwissenschaft
Kulturwissenschaftliches Forum Rio de Janeiro 2002, Benediktinerabtei

Benediktinerabtei Rio de Janeiro, Skriptorium
Eine der Sitzungen des Internationalen Kongresses Euro-Brasilianischer Studien 2002, der in seiner letzen Phase in Rio de Janeiro erfolgte, fand in der altehrwürdigen BenediktinerAbtei Unserer Frau von Monte Serrate (Mosteiro de São Bento) statt. Diese Phase des Kongresses, der für den Abschluss des Trienniums wissenschaftlicher Arbeiten anlässlich der Entdeckung Brasiliens vor 500 Jahren veranstaltet wurde, hatte als Thema "Gedächtnis und Zukunft". Dabei sollten sich in Gang befindliche Projekte, die sich auf Gedächtnis und Geschichte bezogen, kennengelernt und daraus Perspektiven für die Zukunft internationaler Zusammenarbeit gezogen werden.

Die Realisierung der Sitzung in der Abtei wurde durch die Unterstützung des Abtes D. José Palmeiro Mendes OSB ermöglicht. An den von ihm geführten Besprechungen nahmen Vertreter des brasilianischen Außenministeriums sowie von europäischen und brasilianischen Universitäten und Forschungsinstitutionen teil.

Benediktinerabtei Rio de Janeiro, Skriptorium
Bei der Sitzung in der Abtei standen Fragen der Archivistik und der Bibliotheksstudien im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit. Es sollten dabei Leistungen, Auffassungen und Methoden, die die Archiv- und Bibliotheksarbeiten der Benediktiner Rio de Janeiros prägen, kennengelernt und gewürdig werden. Die Kongressteilnehmer konnten die archivalischen und bibliothekarischen Arbeiten und Projekte des Skriptoriums der Abtei anhand wertvoller Handschriften und seltener Exemplare alter Editionen kennenlernen. Die Restaurierungs- und Konservierungsmaßnahmen wurden dabei eingehend erläutert.

Bei den Besprechungen sollten vor den Hintergrund der Erfahrungen der Benediktiner hinsichlich Bewahrung, Pflege und Studium der Schriftkultur rezente Tendenzen thematisiert werden, die in einer kulturwissenschaftlich orientierten Archivologie die Bedeutung mündlich überlieferter Geschichte besonders betonen. Diese Frage des Gedächtnisses unter der Perspektive empirischer Studien war zuvor im Museu do Índio behandelt worden (siehe Bericht).

Die Bedeutung der Erkenntnisse der empirischen Kulturforschung für die geschichtlich orientierte Archivistik und Bibliotheksarbeit kam u.a. bei der kontextgerechten Deutung des Geschriebenen und der Buchherstellung zum Ausdruck. Die Experten des Skriptoriums der Abtei wiesen in diesem Zusammenhang anhand von Beispielen auch auf die Bedeutung von Informationen aus seltenen Werken des 16. und 17. Jahrhunderts für die empirisch vorgehende Natur- und Kulturforschung der Gegenwart hin.

Die Überlegungen über das Verhältnis zwischen historischer und empirischer Forschung ließen Mitte der sechziger Jahre die Bewegung entstehen, die 1968 zur Gründung der Organisation für Studien von Kulturprozessen führte, die heute de Organisation Brasil-Europa bildet. Aus dieser Diskussion entstand auch das Bestreben nach Entwicklung einer transdiziplinären Kulturforschung.

Benediktinerabtei Rio de Janeiro, Skriptorium
D. João Evangelista Enout OSB, eine der herausragenden Gestalten der Gregorianik und der Theologie in Brasilien, wirkte maßgeblich bei der Entwicklung der kulturtheoretischen Überlegungen mit. Er blieb über die Jahre mit der damals gegründeten Organisation verbunden und nahm an Projekten und Tagungen teil, die später vom Institut für Studien der Musikkultur des portugiesischen Sprachraumes und der Akademie Brasil-Europa initiiert und realisiert wurden. Er war Gründungsmitglied der 1981 gegründeten Brasilianischen Gesellschaft für Musikwissenschaft und nahm aktiv am ersten Internationalen Symposium "Kirchenmusik und Brasilianische Kultur" teil, das im gleichen Jahr in São Paulo von der Regierung des Bundesstaates veranstaltet wurde. 

Die enge deutsch-brasilianische Zusammenarbeit über die Jahre wurde auch dadurch gefördert, dass die Abtei Rio de Janeiros in ihrer rezenten Geschichte enge Beziehungen zur Abtei Maria Laach pflegte. So wurde D. João Evangelista Enout als Prior der Benediktiner-Abtei Rio de Janeiros Gastgeber eines Symposiums der von A.A. Bispo geleiteten Reihe "Kirchenmusik und Brasilianische Kultur", das 1992 im Rahmen des Internationalen Kongresses für Musikwissenschaft zur Entdeckung Amerikas vor 500 Jahren in der Abtei stattfand.

Benediktinerabtei Rio de Janeiro, Bibliothek
Wenn es 1992 bei der Behandlung des Problemkreises "Grundlagen der Musikkultur Brasiliens" vornehmlich um den geistigen Beitrag der Benediktiner und der benediktinischen Kultur und Geistigkeit zur Kulturformung Brasiliens ging, wurde zum Abschluss des Trienniums, das 500 Jahre Beziehungen zwischen Europa und Brasilien thematisierte, die Arbeit im Sinne der Forderung "ora et labora" betrachtet, die sich in der Archivistik und im Bibliothekswesen manifestiert.

Die Überlegungen standen somit im Licht der Auseinandersetzung mit dem Verhältnis zwischen Gedächtnis und Zukunft vor dem Hintergrund des geistigen Erbes des monastischen Lebens im Benediktiner-Geist. Allerdings sollten die Überlegungen nicht aus ordensinterner, kirchlicher bzw. theologischer, sondern aus kulturtheoretischer Perspektive geführt werden.

Bereits beim Symposium 1992 wurde die Bibliothek der Abtei besucht. Die Arbeiten der Restaurierungswerkstatt bezeugen den Einsatz und die Sorgfalt, die die Benediktiner der Bewahrung und Auswertung handschriftlicher oder gedruckter Denkmäler widmen.

Sitzung der A.B.E. - Beneditinerabtei Rio de Janeiro
Die Erhebung und die kontextgerechte Auswertung von Quellen ist - neben der Beachtung mündlicher Überlieferungen - für kulturwissenschaftliche Untersuchungen unabdingbar. Die Forschung muss sich auf heterogene Materialien und auf Hinweise von kulturwissenschaftlicher Relevanz in der Literatur und in Werken unterschiedlicher Natur, so in Tagebuchaufzeichnungen und in Briefen, stützen. Nur in internationaler Zusammenarbeit lässt sich diese Arbeit bewältigen.





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