Interkulturelle Philosophie und Antike in Kulturstudien., Tagungen der Akademie Brasil-Europa für Kultur-und Wissenschaftswissenschaft

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Berichte
Auswahl aus Tagungen, Kolloquien und Sitzungen


"Interkulturelle Philosophie" und Antike in Studien von Kulturprozessen
Kolloquium: Köln 2005

Tagung Interkulturelle Philosophie der A.B.E.
Das Kolloquium zur Interkulturellen Philosophie war eines der zwei Kolloquien, die im Rahmen der Veranstaltungen der A.B.E. 2005 in einer gemeinsamen Sitzung in ihren Beziehungen zueinander besprochen wurden.

Das andere Kolloquium widmete sich kunsttheoretischen Auffassungen, Ansätzen und Tendenzen der Gegenwart in der Kulturwissenschaft sowie dem kulturwissenschaftlichen Ansatz bei der Betrachtung der Kunsttheorie und des französischen Denkens der Gegenwart (siehe Bericht).

Die Teilnehmer des Kolloquiums zur Interkulturellen Philosophie waren in Seminaren, die an der Universität Bonn (2004) und Köln (2005) abgehalten wurden, vorbereitet worden. In diesen Seminaren wurden das Anliegen einer Interkulturellen Philosophie sowie ihre Begründungen und Perspektiven diskutiert. Es wurde die Intention gewürdigt, beim Studium der Philosophie nicht nur Strömungen des Denkens und die Philosophen des Abendlandes zu berücksichtigen, sondern auch anderer Kulturkontexte. Die philosophischen Leistungen anderer Kulturen sollten nicht nur unter ethnologischer, vergleichender oder kulturhistorischer Perspektive betrachtet werden.

Allerdings wurde auch die Problematik der Bezeichnung "interkulturelle Philosophie" unter verschiedenen Aspekten diskutiert. Es wurde die Frage gestellt, warum interkulturell und nicht transkulturell, intrakulturell oder andere denkbare Adjektive verwendet werden, was die Notwendikgeit von Präsizierungen hinsichtlich der intendierten Art des Kulturprozesses offenlegt. Ohne auf diese Differenzierungen einzugehen, könnte die Bezeichnung eher im Sinne einer kulturwissenschaftlich orientierten Philosophie aufgefasst werden; es wäre dann ebenso berechtigt, von einer philosophisch orientierten Kulturwissenschaft zu sprechen.

Diese Überlegungen bringen das Problem der Leitdisziplin in den Geisteswissenschaften ins Bewusstsein. Diese Rolle kam bisher der Philosophie zu, wird aber jetzt zuweilen einer trans- bzw. metadisdisziplinär verstandenen Kulturwissenschaft zugesprochen. Das Verständnis des Kultur-Begriffs spielt hier eine grundlegende Rolle und sollte selbst zum Gegenstand von differenzierten Überlegungen gemacht werden. Nicht nur der Begriff Philosophie, sondern auch der Kulturbegriff ist in vielen Kontexten außerhalb der abendländischen Tradition unbekannt. Bei der Bezeichnung "interkulturelle Philosophie" gibt es somit eine vielschichtige Komplexität und Möglichkeiten zu unangemessenen Deutungen. Ihr liegt offenbar eine kulturanthropologische, weit gefasste Vorstellung von Kultur - etwa im Sinne von Gesamtheit des Denkens, des Fühlens und der Ausdrucksweisen - zugrunde, die sich von einem von der Terminologie und der Tradition abgeleiteten Kulturverständnis unterscheidet, das noch in bestimmten Zusammenhängen und in der Umgangssprache Gültigkeit behält.

Tagung der A.B.E. zur Interkulturellen Philosophie
Vor allem dem ersten, weiten Sinne des Begriffs, der sich heute im allgemeinen durchgesetzt hat, wohnt ein Relativismus inne, der für wissenschaftliche Untersuchungen auch notwendig ist. Die Problematik dieser Relativierung tritt jedoch in Erscheinung, wenn die Aufmerksamkeit auf Fragen gelenkt wird, denen Allgemeingültigkeit anerkannt wird. Dies ist der Fall bei den Menschenrechten, deren Bedeutung heute immer stärker ins Bewusstsein tritt. Hier handelt es sich vor allem um Fragen ethischer Natur, die keine Relativierung erlauben. Frühere kannibalistische Praktiken mancher Völker müssen beispielsweise von der Forschung aus ihren eigenen Voraussetzungen heraus studiert werden, sie gehören aber bekämpft und abgeschafft. Eine ethische Fragen ausklammernde Kulturforschung ist möglich, vielleicht notwendig, eine Menschenrechte - oder im allgemeinen fundamentale ethische Fragen - relativierende Philosophie bedenklich. So bedarf die Bezeichnung "interkulturelle Philosophie" trotz ihrer Intentionen der Präsizierung.

Anders stellt sich die Situation dar, wenn bei der Bezeichnung "Interkulturelle Philosophie" die Aufmerksamkeit auf die Betrachtung der Philosophiegeschichte aus einer Perspektive gerichtet wird, die Prozesshaftes fokussiert, das u.a. durch Migrationen und Kolonisationen in Gang gesetzt wurde. In einer kulturwissenschaftlich orientierten Geschichtsbetrachtung weckt beispielsweise die Berücksichtigung von Situationen in griechischen Kolonien wie auf Sizilien besonderes Interesse, zumal sich dort wichtige Entwicklungen der Philosophiegeschichte abspielten. Vor allem bei der Frage nach der Harmonisierung und Anpassung der Bildersprache aus verschiedenen Kontexten ist eine Fokussierung auf Situationen der Begegnung und Interaktion von verschiedenen Kulturen von Bedeutung. Diese Untersuchungen erlangen im Rahmen euro-brasilianischer Studien besondere Relevanz, denn sie liefern Grundlagen zum Verständnis von Mechanismen einer Bildersprache, die bis heute in traditionsgebundenen Kulturerscheinungen empirisch festzustellen ist. Dementsprechend wurden seit den siebziger Jahren Studien zum Fragenkomplex "Antike und Christentum" durchgeführt.

Beim Kolloquium wurden folgende Themen speziell behandelt und diskutiert: Musikpolitische Vorstellungen der Antike (S. Große); Porportionslehre und Harmonie in Musik und Staat unter interkulturellen Fragestellungen (J. Buch); Anschauungen zu Musikinstrumenten im Staat von Platon (H. Hamel); Musikpädagogik bei Platon - Interkulturelle und transepochale Beziehungen (G.-V. Henke) und Pythagoras und allgemeine Grundzüge der Erfassung der gesetzmäßigen Ansätze anhand "orientalischen" Kultur- und Gedankengutes (S. Gordan).





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